Diese Frage wurde mir heute gestellt. Gerade heute. Ein Tag der gut begann und irgendwie schief abrutschte.
Nein, es war nicht das Glatteis. Die Straßen hier sind geräumt, wir haben gerade so viel Schnee, dass die Kinder die Schlitten rausholen können.
Heute ist Donnerstag. Am Donnerstag hat Vincent Therapie. Heute konnte der Papa mit ihm hinfahren und weil Vincent hinterher mit den Kindern noch rodeln wollte, ging es danach auch noch in den Kindergarten.
Am Nachmittag habe ich die Kinder abgeholt, gemeinsam rodeln gehen, gleich an dem kleinen Berg hinter dem Kindergarten. Es begann auch gut. Lisi rodelte da, wo es nicht gar so steil ist und Vincent da, wo es besonders steil ist.
Anfangs ging Vincent die Treppen neben dem Berglein nach oben, bis die anderen Jungs kamen, die den steilen Berg, der sehr rutschig ist hinaufkraxelten. Das wollte er auch und zwar an einer Stelle, wo es wirklich gar nicht geht.
Ab dem Punkt war es wie ein Dejavu.
Vincent will nur an dieser Stelle hoch, ich gehe ihm ein Stück entgegen um ihm die Hand zu reichen, nicht weit, sonst würde ich abrutschen, seine Hand reicht noch nicht heran, es fehlt ein Schritt. Es gelingt nicht. Ich versuche, ihn zu überzeugen, einen halben meter auszuweichen, da ist mehr Halt. Er will nicht, rutscht wieder weg. Er schreit, ich soll ihm gefälligst helfen. Ich versuche zu erklären, dass das an der Stelle nicht geht. Um nicht selbst vor Anspannung zu explodieren, gehe ich den Berg wieder hoch, versuche die Ruhe zu bewahren. Vincent schreit und schreit, wirft seinen Schlitten, schreit. Andere Mamas fragen mal kurz, was denn los ist, ich bekomme Glühwein angeboten...der Ruhe wegen. Es hilft nichts, ich kann es nicht ignorieren, er beginnt sich auszuziehen. Ich beschließe, mit den Kindern nach hause zu gehen. Nun schreit auch Lisi, sie will noch bleiben. Ich gehe so ruhig wie möglich zum Auto, zwei schreiende Kinder hinter mir, das eine beschimpft mich.
Die Situation ist genauso wie im letzten Jahr. Ich war in dem Moment so fertig, so enttäuscht, dass diese Situation nicht gelöst werden konnte. Vincent schreit nicht mehr ganz so wild, sagt dafür, dass er auch wie die anderen Jungs den Berg raufklettern will. Er tut mir ja auch leid, dass er es nicht schafft. Es fehlt ihm nur für einen Schritt die Körperanspannung.
Ich bin jedenfalls fix und fertig. Was kann man da machen?
Vielleicht klingt das ja normal, Kinder eben. Ich sehe aber nun mal, dass es offensichtlich nicht normal ist, dass Rodeln so endet. Voller Selbstmitleid denke ich auch: ich kann nicht mal mit ihnen rodeln gehen. Nicht in die Stadt fahren, nicht in den Park gehen, nicht in die Kirche gehen, kein Museum ansehen....nicht mal rodeln.
Das ist einfach mal ungeschönt eine Momentaufnahme. Solche Situationen sind seltener geworden. Das allermeiste ist so viel besser und händelbarer. Vor einem Jahr war diese Situation nur eine von vielen, jetzt ist es nur eine Situation. Heute habe ich mit Vincent nicht mehr darüber gesprochen. Viel zu sehr fühlt er sich von mir im Stich gelassen und ist wütend. Aber morgen müssen wir darüber sprechen, denn eigentlich würden wir ja gern mit den anderen rodeln.